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einführung von rosa maria plattner zu

gabriele salzmann
strich : farbe : raum

gehalten am 27.09.2004

nora blick nicht zurück
wallendes haargeflatter hüftlang.
zwischen vorstellung und wirklichkeit
fällt ein schatten.
BODY AWARENESS.
schwer lasten fleischstücke
auf den schulterpartien.
larvenartige verformungen
unspezifischer befindlichkeit.
weiblich stoffliches vor
männlich geistigem erwünscht.
unendliche melodien werden in
farbflecken übersetzt.
pole weiblichen seins
abgefetzt in schmerzfarben.

Auszug aus "zweite haut / zwischen" in
"entwürfe", zeitschrift für literatur
zürich 1999

Das Textstück bezieht sich auf Maria Lassnig, bei der Gabriele Salzmann studiert hat.
Maria Lassnig fragte einmal die junge Studentin, wie eine so junge Frau dazu komme, so kühle Farben zu verwenden …

Die Antwort ist:
Gabi Salzmann hat sich dieser Farbwelt schon immer nahe gefühlt und hat eben aus diesem Grund die Lassnig-Klasse gewählt.

In einer gewissen Abstraktionswelt ist diese Farbigkeit selten.

Gabriele Salzmann ist eine Malerin der Farbe.
Die Farbe ist bei ihr nicht nur zweckdienliches Mittel.
Die Farbe ist Thema.
Die eine Farbe existiert durch die andere Farbe.

Ein dichter Farbton auf der Grundfläche einerseits.
Ein malerischer undefinierter Untergrund andererseits.

Wir geraten also von einer verdichteten Fläche
in einen undefinierten Raum.

Schweres korrespondiert mit scheinbar Flüchtigem.

Aus der klaren Farbfläche heben sich plastische Formen hervor, wandern hinüber ins Malerische, ins Expressive, ins nicht Konkrete.

In rhythmischer Reihung beherrschen die bewegten Zeichen die Fassade vor der Farbfläche.

Die Zeichen neigen sich, sind uns zugeneigt oder abgeneigt - je nachdem.

Bemerkenswert ihr Gewicht. Die Ordnung wird verlassen.
Beständigkeit?
Bodenhaftung?
Das Gewicht verliert sich.
Die Farbe wird durchlässig vor dem weißen Untergrund.

Das Ergebnis: Die Formen verflüchtigen sich scheinbar.
Sie weisen uns auf etwas hin, was hinter den Farben und Formen ist, was daneben und darüber ist usw.

Gabriele Salzmann ordnet sich grundsätzlich nicht konkreten Gesetzmäßigkeiten unter (mit zwei Ausnahmen …), obwohl die Arbeiten über ein Konzept entstehen. Es gibt immer ein "dahinter", aber expressiv.

"Gleichzeitig / ungleichzeitig" nennt Gabriele Salzmann diese Serie.
Zweidimensionales in Dreidimensionalen. Durch den weißen Untergrund bekommt der Raum etwas Schwebendes.

Die Einheit befindet sich in Bewegung.
Die Zeichen im Zentrum bewegen sich auf etwas zu, treten in eine andere Dimension.

Eine scharfe Linie verbindet zwei Ebenen:
Erde und Luft? Tag und Nacht?
Überführung von Raum in Zeit?
Beginn und Ende?
Oder raumgewordene Zeit?

Die Dualität wird in Bewegung gehalten.
Die im Zentrum befindlichen Zeichen, diese Würste, Wülste, Würmer überspringen die Wirklichkeitsebenen.

Diese horizontale Begrenzung. Sie kann auch - wie hier - eine vertikale sein.

Sich erkennen, seine Begrenzung, aber auch seine Fähigkeiten, die eigenen Grenzen hinauszuschieben.
Dafür gibt es viele Anzeichen in der Malerei Gabi Salzmanns.


Diese Malerei öffnet eine Tür zur Welt.
Der Prozess der Öffnung ist noch nicht abgeschlossen.
Und diese Farben sind Genussmittel -
zumindest für mich.


RMP

copyright bei der autorin

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