beim ersten Betreten dieses
Ausstellungsraums der A41-Galerie im Hof ergibt sich für den Besucher
ein erfreulich konzises Ensemble von Bildern und Objekten, überraschenderweise
(darf ich sagen), zumal wenn man sich bewußt macht, daß
da die Werke zweier KünstlerInnen-Persönlichkeiten aufeinanderstoßen,
die zwar auch sonst eng kooperieren, doch von ziemlich entfernten Positionen
zu je eigenen Bildlösungen kommen: Angelika Kathrein als geduldige
malerische Überschreiberin von Buchstaben und Strukturelementen
auf der Rechteck- und Quadratfläche, die Tiefe des Bildraums schichtenweise
öffnend oder auch verschließend, Josef Adam Moser, von dem
wir auch 3 Standobjekte frei im Raum sehen, als beharrlich experimentierender
Magier des indirekten Farblichts, der sich in immer neuen Anläufen
dem Phänomen der unberechenbaren Farbmischung stellt, wie von den
Ergebnissen seiner Recherche selbst überrascht und also immer wieder
neu den Auswirkungen seiner einmal gefundenen Grundkonstellation auf
der Spur. Insoweit bleiben also beide Ansätze bei aller kalkulativen
Anordnung und Voraussetzung mit dem jeweils ungewissen Ausgang ihrer
Bemühungen konfrontiert, in den Verdichtungen genauso wie in den
Farbmischungen.
Wenn wir von den delikaten Einladungskarten zu dieser Ausstellung und
somit von den ersten Bildvorstellungen ausgehen, die jemandem, der nichts
davon weiß, was ihn erwartet, zu Gesicht gekommen sind, könnte
es sein, daß wir diese 2 PostkartenMotive in situ als erstes suchen,
und da fällt es uns mit der grünen Schüsselung Angelikas,
die gleich wiedererkannt wird, sicher leichter als mit den 6x6-Pappschachtel-Rechtecken
Josefs, die mit ihren 3 vertikalen und 2 horizontalen Farbstegen ein
komplex changierendes Gesamttableau ergeben, das sich der Reproduktion
von einem Blickpunkt aus und also auch auf der Postkarte (es sei denn,
sie arbeitete mit 3-D-Effekt) in seiner Fülle eo ipso entzieht,
d.h. seine Foto zeigt eine zentralperspektivische Momentaufnahme, die
man als Beschauerin erst bewußt einnehmen muß, um zum Wiedererkennen
zu kommen.
Sie sind als Besucherin natürlich bereits in Raum herumgegangen
und haben vielleicht bei der erschwinglichen Schachtelpräsentation
da vorne mit der Wahrnehmung begonnen, bei einer Kleinedition von 8
unterschiedlichen Kartons (Titel FARBRAUM) mit leicht glänzendem
Alupond-Hintergrund, deren Originaleinfärbung man auch hier nicht
sieht und deren Farbverlauf sich jeweils anders darstellt, genauso wie
die differenten Stege und Abteilungen der Vorblendungen. Im gespeicherten
Farblicht, das sogar bei spärlicher Naturbeleuchtung noch Wirkung
zeigt, saugt sich das Auge an der Farbe fest und erfährt somit,
was Farbe an sich vermag, ohne ihre vordergründig abbildende Funktion
etwa auf der Leinwand des traditionellen Natur-Abbilds (Porträt,
Akt, Landschaft, Stillleben etc.) auszuspielen. Der Farbspeicherungseffekt
bei diesen Kunstobjekten selbst in der Dämmerung ähnelt in
gewissem Sinn einer natürlichen Erscheinung, wenn man nämlich
im Herbst nach Sonnenuntergang durch den goldenen Lärchenwald geht
und die Baumkronen von innen heraus leuchten sieht. Auch im scheinbar
spiraligen Hochhausmodell, das sich durch ansteigende Farbverteilung
wie von selbst zu drehen beginnt und in jenem jalousienhaften Farbschacht,
der später einmal brunnentief bis hinunter zum Boden und ins dortige
Dunkel hinein reichen soll (jetzt endet er auf der Sockeloberfläche),
zeigt sich das bewegende Element der Darbietung und fordert somit die
bildgebende eigene Beweglichkeit des Betrachters heraus, d.h. er muß
sich das Bild von verschiedenen Positionen und deren Übergängen
heraus erschauen.
Angelikas Tiefenschichtbilder dagegen fordern die stillstehende Betrachtung,
so lange, bis das einzelne Pinselstrichzeichen aus dem schönen
Wirrwarr wie eine Botschaft zur Orientierung heraustritt, obwohl die
Künstlerin selbst das Bild während des feldweisen Überschreibens
mittels Tusche auf grundiertem Papier mehrmals gedreht und verschoben
hat, wobei ein ungeplanter Raster entstanden ist und die Pinselansätze
und Abhebepunkte zusätzlich belebende Bildmarken in die quadrierte
Landschaft setzen, beim grünen Postkartenbild mit bogenförmigen
Elementen, die sich mal zu gotischen Buchstaben, mal zu Mandorla-Kapseln
formen, nicht nur der Appell zur geheimschriftlichen Entzifferung spricht
uns an, der Lesezwang allgemein fördert dieses und jenes Buchstabenhafte
und Piktographische zutage, ohne welches wir uns in der heutigen Bildwelt
ziemlich verloren vorkommen müßten, zusätzlich drängen
auf dem grünen Schüsselbild die helleren Noppen an den Ecken
der Einzelquadrate deutlich in den Bildvordergrund und erzeugen in der
Fernbetrachtung gar einen plastischen Effekt.
Angelikas Buchstabenbilder tragen die Titel Todesfuge, die Devise lautet
(wobei alle kursiven Wörter des Büchls in Versalien verwendet
wurden, weiters: mittendrin (wo ein Stück des Textes in der Mitte
des Buchs abgeschrieben wurde, u.z. so oft, bis das Bild quasi schwarz
geworden ist), die Rahmung in Passepartouts und hinter entspiegeltem
Museumsglas gibt mit räumlicher Tiefe den Bildern eine zusätzliche
Dimension, bei partieller Computervergrößerung der Fotos
einzelnen Bildquadrate, die sich bei der Überschreibung gebildet
haben, könnte man dann leichter die einzelnen verwendeten Buchstaben
wiedererkennen und dabei würde der sonst palimpsestische Charakter
der Blätter zurückgedrängt.
In dem türkisfarbenen Bild, das nach Auskunft der Künstlerin
aus dem Wort Wasser aufgebaut ist, meint man unter der vibrierenden
Oberfläche gar Fische zappeln oder islamische Namenskartuschen
stehen zu sehen, durch die 2 -ss- des Wortes Wasser bekommt das quadratische
Bild zusätzlich bei unterschiedlicher Zeilenbreite etwas Fließendes.
Josefs radikalst einfaches Indirekt-Farb-Wandobjekt besteht nur aus
einer 5-Fenstervorblendung vor der Zimmerwand und ihrer jeweiligen Wandfarbe,
hier weiß und etwas rauh, wobei die hinterblendeten Farben in
alle Richtungen fließen. Überprüfen Sie bitte selbst,
wie weit vom Fensterobjekt weg noch Farbausstrahlungen im Umkreis wahrzunehmen
sind. Würde die Fensterplatte ohne Fixierung etwa mittels Magnetfeld
frei vor der Wandfläche in Schwebe gehalten (mit dem Magnetfeld
gar verschiebbar), wäre die Elevation, die sich dem Betrachter
auch körperlich mitteilt, wohl bis ins Unglaubliche gesteigert.
Ein zusätzlicher unvorhergesehener Effekt entsteht bei diesem Bild
dadurch, daß sich darunter der panoramatisch-horizontale weiße
Heizkörper befindet, der jetzt dann bei jeder weiteren Ausstellung
des Bildes mitreisen müßte, so bildkonstellativ zeigt er
sich (ich weiß nicht, ob Niki Knopp und Helen und Heinz Rupertsberger
so einer Idee nähertreten könnten).
Angelikas sogenannte analytische Bilder (aus Strukturen aufgebaut, einmal
in warmen Tönen, dann wie eine düstere Hochhausfassade mit
einzelnen erleuchteten Fenstern) lassen die Betrachtung ins Unendliche
weitergehen, insoweit es das Werkzeug und der Bildträger nur erlaubt.
In den jüngsten Objekten von Josef scheint sich die Originalfarbe
noch stärker als bisher der Lokalisierung zu entziehen, ins Innere
des Quasi-Gebäudes zurückzuziehen, beim vieleckigen Kartonobjekt
mit den 4 großen Farbebenen ist kein Farbschlitz mit einem anderen
identisch, zugleich scheint uns die geschlitzte weiße Säule
durch Verleimung und versteckte Haltestege ziemlich stabil zu sein.
[...]
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